Stetige Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Seit über zehn Jahren geben der Bund und das Land Rheinland-Pfalz rechtliche Rahmenbedingungen für die Kindertagesbetreuung vor, die eine Anpassung an ein zeitgemäßes Lebensmodell für junge Familien fördern. „Seit dem 1. August 2013 besteht bundesweit ein Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege ab dem ersten Geburtstag“, erklärt Julia Stock, Vorsitzende des Kreiselternausschusses Germersheim (KEA GER). „Hinzu kommen in Rheinland-Pfalz die Beitragsfreiheit ab dem zweiten Geburtstag seit August 2010 und der Rechtsanspruch auf
regelmäßig sieben Stunden durchgängige Betreuung inklusive Mittagessen seit Juli 2021“, ergänzt Stock die rechtlichen Vorgaben. Jedes Kind soll zudem dieselben Möglichkeiten für einen guten Start in das gesellschaftliche Leben unabhängig von sozialen oder behinderungsbedingten Einschränkungen haben. Daher sei die institutionelle Betreuung in den Kindertagesstätten von besonderer Bedeutung für das Gemeinwesen und den Sozialraum, denn sie ermögliche Chancengleichheit sowie Inklusion und Teilhabe.
Bedarfsplanung entscheidet über Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts
Nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) muss für alle Kinder unter 14 Jahren ein Förderangebot nach dem individuellen Bedarf – ab einem Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt sogar ein Ganztagsplatz – zur Verfügung stehen. Zur Erfüllung der quantitativen und qualitativen Ansprüche auf frühkindliche Förderung kommt der Jugendhilfeplanung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (hier Kreisjugendamt Germersheim) somit eine tragende Rolle zu. „Anders als bei der Schulpflicht gibt es im Kita-Bereich keine Vorgaben, wann Kinder ihren Rechtsanspruch nutzen. Daher ist es im Rahmen der Planungsverantwortung unumgänglich, die Familien nach ihren Wünschen, Bedürfnissen und Interessen zu fragen.“, fordert der Kreiselternausschuss Germersheim. Flächendeckend ist in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren vermehrt eine Mangelverwaltung an der Tagesordnung. Trotz steigendem Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter zwei Jahren und Schulkindern kommt es immer wieder zu einem Abbau bereits bestehender Plätze in Tageseinrichtungen, damit stattdessen der Rechtsanspruch der Kinder ab zwei Jahren bis zum Schuleintritt erfüllt werden kann. „Als Alternative wird häufig auf Kindertagespflege und Betreuung in der Grundschule verwiesen.“, sagt Stock. Die Kapazitäten seien aber auch in diesen Bereichen teilweise stark beschränkt und widersprächen als alleinige Option dem gesetzlich verbrieften Wunsch- und Wahlrecht der Familien.
Kreiselternausschuss begrüßt Initiative bei Ermittlung des Betreuungsbedarfs in Wörth am Rhein
Seit der Eröffnung der Abtswald-Kita unter kommunaler Trägerschaft im Mai 2021 gibt es in Wörth am Rhein (Kreis Germersheim) drei Kindertagesstätten, die Betreuungsplätze für Kinder unter zwei Jahren anbieten. „Zusammen mit den geplanten Tagespflegeplätzen hat sich die Anzahl der Betreuungskapazitäten in den letzten Jahren allerdings trotzdem nicht wesentlich verändert.“, bedauert die KEA-Vorsitzende die Entwicklung im U2-Bereich. Auch Dr. Dennis Nitsche, Bürgermeister von Wörth am Rhein, stellt eine ausreichende Bedarfsplanung in Frage: „13 geplante Betreuungsplätze in den Kindertagesstätten scheinen bei mehr als 18.000 Einwohnern im Stadtgebiet sehr wenig zu sein. Daher ermittelt die Stadt Wörth am Rhein seit Januar 2023 in Kooperation mit dem Kreiselternausschuss den Betreuungsbedarf junger Familien, um die Betreuungskapazitäten an den tatsächlichen Bedarf der Familien anpassen zu können.“, teilt Nitsche mit. Mit dem Glückwunschschreiben zur Geburt an die frischgebackenen Eltern werde auf das Online-Formular hingewiesen, über das sie den konkreten Betreuungsbedarf für ihr Kind der Stadtverwaltung Wörth am Rhein mitteilen können. Der Kreiselternausschuss bedankt sich für die Initiative der Stadt Wörth am Rhein: „Wir freuen uns sehr über dieses Engagement und möchten alle jungen Eltern ermutigen, das Angebot zu nutzen!“, so Stock. Mit einer ersten, repräsentativen und für weitere Planungszwecke
belastbaren Auswertung der Umfrage nach den elterlichen Bedarfen rechnet Bürgermeister Dr. Nitsche zum Ende des ersten Halbjahres 2023. Die Stadt Wörth ist bereits mit Vorarbeiten für einen weiteren Ausbau der Betreuungskapazitäten befasst. „Eine rechtzeitige und großzügige Planung des Betreuungsbedarfs wird sicher mittelfristig dazu beitragen, Wörth am Rhein als attraktiven Standort für junge Familien weiter auszubauen. Wir wünschen uns, dass dieses Beispiel im ganzen Landkreis Schule macht.“, schließt Stock ab.